Verständnis

Estera Stan, junge Romni aus Rumänien, schreibt am Roma Day über Solidaritäten und warum sie sich niemals den Mund verbieten lassen wird.

Ein Blogbeitrag zum Roma Day 2025 von Estera Stan

Verständnis

Ich verstehe deinen Frust,

deine Ohnmacht,

die Wut in deinem Körper, die du mit dir trägst,

die Angst, dass du zerbrichst.

Ich verstehe deine Realität, dass die Welt sich gegen dich stellt.

Ich verstehe, dass du manchmal schreien willst.

Ob es jemals anders war?

Die Welt für uns statt gegen uns?

Frieden statt Waffen und

Solidarität statt Hass.

Das wäre schön.

Wir suchen verzweifelte nach einem Ausweg.

Raus aus dem Schmerz,

raus aus dem Leid,

raus aus der Last,

raus aus der Sorge.

Doch es ist schwer, wenn man alleine sucht.

Deshalb verstehe ich nicht, warum du dich auf der Falschen Seite stellst,

in die Hände der Faschisten fällst,

ihnen zuhörst und dich damit zufriedenstellst.

Macht dich das glücklich, während du fehlst? Im Kampf gegen dich selbst?

Komm nach Hause, du bist verletzt.

Es bringt nichts wenn du dich ständig verlierst.

Wir schaffen das gemeinsam und werden nicht aufgeben,

so wird diese Welt eines Tages wieder friedlich durchgesetzt.

Es ist unser Problem!

Erstmal eine kurze, knappe Vorstellung über mich:

Mein Name ist Estera Sara Stan, ich bin eine 22-jährige Romni aus Rumänien und lebe seit 2010 in Berlin. Derzeit studiere ich Grundschullehramt und bin in verschiedenen Vereinen aktiv, unter anderem bei RomaniPhen, einem feministischen Rom:nja- und Sinti:zze-Verein, und bei das Kombinat.

Nebenbei liebe ich es, Theater zu spielen, und bin ausgebildete KURINGA im Forumtheater. Außerdem kämpfe ich seit Jahren gegen den Rassismus an Sinti:zze und Rom:nja. Ich gebe Workshops in Schulen, Jugendclubs und anderen Institutionen zum Thema Rassismus gegen Sinti:zze und Rom:nja.

Besonders am 08. April, dem internationalen Tag der Sinti:zze und Rom:nja, ist es für mich wichtig, über Solidarität zu sprechen und ich meine nicht „eine Story auf Insta posten“ sondern echte Solidarität, wo wir gemeinsam das Rassistische System bekämpfen! Uns gegenseitig unterstützen! Auf die Straßen gehen! Wo aus euerm Problem unser Problem wird!

Sich solidarisieren bedeutet für mich gemeinsam Widerstand zu leisten! In solchen Zeiten wie diese, wo weiße, reiche Männer Politik für sich selbst machen, ist es mehr als nur wichtig mit den Fäusten dagegenzuhalten, um gemeinsam eine gerechtere, inklusivere Gesellschaft zu schaffen. Menschen, die von Hass erfüllt sind oder die Hoffnung verloren haben, durch der aktuellen Lage, was ich verstehen kann, denken vielleicht, diese Art von Solidarität sei eine Utopie. Aber ich glaube fest daran, dass wir Solidarität brauchen für unseren Kampf!

Da wo ich herkomme, muss ich meinen Mund halten, weil ich eine Frau bin, um nicht „anders” zu sein. In Berlin soll ich mich „vorsichtig“ verhalten, damit ich nicht auffalle. Und doch gibt eine Gemeinsamkeit an beiden Orten: Ich bin eine „Z“ und das kann ich nicht leugnen. Okey, manchmal sage ich, ich komme aus Spanien wegen meines Namens, um diesen scheiß Rassismus zu umgehen und ich muss sagen, es klappt ganz gut. Kein Wunder, warum ich eine gute Schauspielerin bin. Spaß beiseite, ich bin stolz darauf eine Romni zu sein und genau das macht den weißen Angst. Es gibt einfach mache Situationen, in denen ich mich selbst schützen muss. Denn als Frau mit Roma Identität ist es doppelt so schwer, weil das scheiß Patriarchat nun mal funktioniert, egal an welchem Ort.

Es gibt eine besondere Sache, die ich als Aktivistin gelernt habe:

Wir müssen das weitermachen, was unsere Vorfahren begonnen haben, den Kampf um

Anerkennung, Repräsentation, Akzeptanz und Sichtbarkeit!

Es hat fast 40 Jahre Kampf gebraucht, bis wir als Opfer der NS-Verfolgung anerkannt wurden.

Es hat weitere 30 Jahre gebraucht, bis das Denkmal für die im Nationalsozialismus

ermordeten Sinti und Roma Europas errichtet wurde. Und heute gibt es Pläne von der

Deutschen Bahn – der damaligen Reichsbahn, die Menschen in Konzentrationslager

deportiert hat, das Denkmal zu zerstören. Was für eine Respektlosigkeit, es wurde nichts aus der Geschichte gelernt.

Ich habe viel Glück mir kraftvolle Frauen als Vorbilder machen zu können.

Eine davon ist meine Mutter, sie ist sehr herzlich!

Eine weitere ist Petra Rosenberg. Sie sagte mal: „Bleibt dran, lasst euch nichts von Männern sagen.“

Fatima Hartmann sagte mal: „Erobert die Welt für euch.“

Anita Awosusi sagte mal: „Wir dürfen nicht vergessen, was unseren Vorfahren angetan wurde.“

Und ich sage: Ich werde niemals aufgeben!