Berlin, 03.09.2025 – Vor zehn Jahren prägte die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel mit den Worten „Wir schaffen das“ eine gesellschaftliche Haltung, die Hoffnung und Solidarität in Zeiten großer Herausforderungen versprach. Heute, ein Jahrzehnt später, ist davon kaum noch etwas zu spüren: Abschiebungen, bürokratische Hürden und eine zunehmend restriktive Asylpolitik prägen den politischen Alltag. Die aktuelle Bundesregierung setzt in zentralen Punkten nicht auf Chancen, Integration und Humanität, sondern auf Abschottung und Kontrolle.
„Statt in sichere Aufenthaltsperspektiven und Teilhabe zu investieren, wird Menschen nach oft jahrelangem Leben in Deutschland die Perspektive genommen und sie werden wieder heimatlos. Abschiebungspolitik ist keine Lösung, sondern eine Bankrotterklärung an eine human- und menschenrechtsorientierte Demokratie“, erklärt Nursemin Sönmez, Geschäftsführerin der neuen deutschen organisationen.
Sowohl die letzte Koalition bestehend aus SPD, Die Grünen und FDP als auch die amtierende Bundesregierung haben aufgrund der aktuellen *GEAS Richtlinien Maßnahmen beschlossen, die insbesondere geflüchtete Menschen verschärft unter Druck setzen. Abschiebungen werden erleichtert, oftmals unter Missachtung von Härtefällen. Der Familiennachzug wird für Menschen mit subsidiärem Schutzstatus bis 2027 gestoppt. Statt einem schnelleren Zugang zum Arbeitsmarkt gibt es nun die Ausweitung von Ausreisehaft und Kontrollen. Ausgrenzende Lagerstrukturen verhindern gesellschaftliche Teilhabe von vornherein. Diese Politik widerspricht nicht nur den Werten einer solidarischen Gesellschaft, sondern auch den international zugesicherten Menschenrechten. Stattdessen wäre es jetzt wichtig endlich anzuerkennen, dass Deutschland bereits eine postmigrantische Gesellschaft ist: Migration und Teilhabe müssen gestaltet werden, statt sie zu erschweren oder zu versuchen, sie gänzlich zu verhindern.
Dazu gehört ein humanitäres Bleiberecht für langjährig Geduldete und etablierte Geflüchtete. Investitionen in Teilhabe-Tools wie Bildung und Sprachförderung. Barrierefreie Arbeitsmarktzugänge, kommunale Teilhabe durch echte Mitbestimmungsrechte und sichere Aufenthaltsmöglichkeiten in den Städten und Gemeinden.
Die Frage nach Migration ist keine technische Verwaltungsaufgabe, sondern eine Grundsatzfrage über das Selbstverständnis unserer Gesellschaft. Ob Deutschland in den kommenden zehn Jahren ein Land sein wird das Vielfalt als Stärke begreift, hängt entscheidend davon ab, ob wir Abschottungspolitik überwinden und an einer inklusiven, chancengerechten Zukunft arbeiten.
*Das GEAS ist das „Gemeinsame Europäische Asyl System“ der Europäischen Union, das Mindeststandards für Asylverfahren, Unterbringung und Versorgung von Schutzsuchenden festlegt und Migration in der EU steuern soll. Seit Juni 2024 gelten die reformierten GEAS-Regelungen, die bis Juni 2026 in allen Mitgliedstaaten umgesetzt werden müssen.
Die ndo haben zum GEAS ein Dossier verfasst, dass Sie unter medien@neue-deutsche-organisationen.de anfordern können.